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Diana Hagemeyer

Presse & Marketing

Sustainable Finance – Factoring auf dem Weg zur Nachhaltigkeit

Nachhaltigkeit ist in nahezu allen Lebensbereichen eines der großen Themen unserer Zeit. Auch in der Finanzwirtschaft gewinnt sie zunehmend an Bedeutung – selbst, wenn die Factoringbranche diesbezüglich unter besonderen Bedingungen arbeitet. Unser Autor Justus Gonschorek überblickt den Status Quo und liefert Ideen, mit denen Institute neuen Anforderungen gerecht werden können!

Als Factoringinstitut und Akteur der europäischen Finanzwirtschaft nimmt die BFS finance GmbH im Bertelsmann-Konzern eine besondere Rolle beim Anstreben, Umsetzen und Erreichen von Nachhaltigkeitszielen ein. Doch wie definiert die Finanzwirtschaft entsprechende Ziele überhaupt; was bedeuten sie wiederum für Finanz- bzw. Factoringinstitute und ihre Kunden?

Schaffen wir zunächst Grundlagen: Bemüht sich ein Finanzinstitut explizit darum, bei Investitionsentscheidungen die Faktoren ‚Environmental‘, ‚Social‘ und ‚Governance‘ – kurz ESG – zu bedenken, ist von ‚Sustainable Finance‘ die Rede. Konkret geht es um die Berücksichtigung der Nachhaltigkeitsziele, die die Vereinten Nationen auf Basis der „Agenda 2030 für Nachhaltige Entwicklung“ definiert haben.

Auch die EU-Kommission widmet sich den ESG-Faktoren: Im Rahmen des Green Deal hat sie einen Aktionsplan zur „Finanzierung nachhaltigen Wachstums“ entwickelt. Dieser verpflichtet die Finanzwirtschaft, ESG-Erwägungen in ihre Unternehmensstrategie, ihre Risikobewertung und weitere Entscheidungsprozesse einfließen zu lassen.

Was beschäftigt die EU besonders?

Zum einen: Definitionsfragen. Was ist Nachhaltigkeit im Finanzwesen überhaupt? Welche Merkmale muss ein Produkt erfüllen, damit es – mit Blick auf die EU-Taxonomie – als „nachhaltig“ beworben werden darf?

Zum anderen: Aufsicht und Reporting. Wie nachhaltig ist das Portfolio der Finanzinstitute am Finanzmarkt und welche Risiken schlummern in ihnen? Auf der aufsichtsrechtlichen Ebene interessieren vor allem die Risiko-Aspekte der Nachhaltigkeit, die bisher noch zu wenig Eingang in die Risikobewertung gefunden haben, unter Umständen jedoch nennenswerte Konsequenzen nach sich ziehen können.

Neben der Notwendigkeit besonders in Klima-, Umwelt- und sozialen Fragen umzudenken ergibt sich somit ganz konkret bereits eine logische Verknüpfung, die nach und nach Einzug im Finanzsektor hält: Die Kosten der Nachhaltigkeit, die besonders durch die Risiken des Geschäfts eines Kunden oder einer Investition entstehen, fließen zunächst in die Risikobewertung und -Vorsorge und dann auch in die Produkt- und Preisgestaltung ein.

Nachhaltigkeit in der Finanzwirtschaft

Durch die Schnittstellenfunktion der Finanzwirtschaft wird das Thema Nachhaltigkeit derzeit vor allem (aber nicht ausschließlich) unter folgenden vier Gesichtspunkten betrachtet:

  1. Implementierung der ESG-Ziele in der Unternehmensstrategie,
  2. Nachhaltiges Handeln im Unternehmen selbst; was einen fairen und sozialen Umgang mit Angestellten, Kunden und Lieferanten sowie umweltverträgliches Verhalten bedeutet,
  3. Finanzierung von nachhaltigen Projekten und Unternehmen bzw. Aufsetzen entsprechender nachhaltiger Produkte und
  4. Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, wie insbesondere im SDG 16 (Sustainable Development Goal) der UN definiert.

Die vermeintlich naheliegenden Hebel stehen dabei besonders im Fokus der öffentlichen, politischen und aufsichtsrechtlichen Diskussion. Dazu zählen beispielsweise die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien bei der Kreditvergabe oder bei Investitionsentscheidungen. Dies sind jedoch Faktoren, die für das Produkt Factoring nur indirekt wirken, aber gleichwohl zukünftig größeren Einfluss nehmen werden.

Ausbaufähige Analyse

Denn denkbar kompakt zusammengefasst entsteht, durch den täglichen Ankauf von Forderungen eines Kunden gegen einen Debitor beim Factoringinstitut ohnehin ein Interesse an einer langfristigen, positiven und nicht zuletzt nachhaltigen Entwicklung des Kunden. Das Thema Nachhaltigkeit sollte daher bei Factoringinstituten eine entsprechend hohe Bedeutung haben, was jedoch noch nicht zu beobachten ist. Zumindest bislang!

Das Zusammenspiel zwischen den drei Parteien Factoringinstitut, Kunde und Debitor führt hinsichtlich der Umsetzung und Einhaltung nachhaltiger Ziele gleichwohl zu einer höheren Komplexität als es etwa im klassischen Bankgeschäft der Fall ist. Anders als dort werden zwar die Kunden nach ihren Risiken bewertet und Debitorenlimits entsprechend idealerweise vor dem Vollzug des Geschäfts gezeichnet – nichtsdestotrotz kommt das Institut erst nachgelagert ins Spiel, da das Geschäft zwischen Kunde und Debitor zum Zeitpunkt von Forderungsankauf und Kaufpreiszahlung bereits realisiert ist.

Bonität und rechtlicher Bestand (Verität) der Forderungen nehmen beim Ankauf der Forderung nach wie vor die gewichtigen Rollen bei der Risikoanalyse von Kunden und Debitoren ein. Die Nachhaltigkeit des Geschäftsmodells spielt dabei bisher kaum eine Rolle – ganz abgesehen von sozialen oder umweltbezogenen Auswirkungen der konkret vorfinanzierten Forderung.

Chancen und Hürden

Ungeachtet dessen kann ein Factoringinstitut aufbauend auf einer soliden Nachhaltigkeitsstrategie trotzdem verschiedene Mittel ergreifen, um Nachhaltigkeit in seinem Geschäftsmodell zu fördern. Dazu zählen beispielsweise:

  1. Zusätzliche Bewertungen von Kunden, Debitoren und Forderungen anhand aktueller ESG-Kriterien,
  2. Darauf aufbauende Konditionen, die sich an Kriterien der Nachhaltigkeit orientieren,
  3. Dialog zwischen Factoringinstitut und Kunden, um die Nachhaltigkeit zu erhöhen,
  4. Konsequenzen (bspw. Ausschluss, Beschränkungen) für Kunden, deren Geschäftsmodell den ESG-Verpflichtungen widerspricht (etwa durch Umweltschädlichkeit oder Diskriminierung) und
  5. Kein Ankauf von Forderungen, bei denen das Geschäftsmodell oder die Branche des Debitors nicht mit den ESG-Verpflichtungen vereinbar ist.

Unabhängig davon, welche dieser Wege gewählt werden, sind mittelfristig für das Geschäftsmodell Factoring konzipierte ESG-Ratings für Kunden und Debitoren erforderlich. Um ein solches Rating automatisiert erstellen zu können, bedarf es zweierlei: Einer Methodik, die auf einer soliden internen und externen Datenlage basiert und eines IT-Systems, das aus diesen Daten automatisiert nachvollziehbare ESG-Risikoklassifizierungen erstellen kann. Anschließend lassen sich diese zusätzlich bei der üblichen Risikobewertung zu Rate ziehen.

Leider bringen sowohl die zugrundeliegende Definition dieser Methodik als auch der Aufbau der Datenlage Herausforderungen mit sich. Die wohl größte Hürde ist auf der Debitoren-Seite auszumachen da es sich hier um ein Massengeschäft handelt und dadurch häufig nur wenige organisatorische und wirtschaftliche Informationen vorliegen.

Diese Lücke wird aktuell noch nicht durch externe Daten- oder Ratinganbieter geschlossen, da sich ESG-Ratings noch nicht ausreichend bei kleinen und mittelständischen Unternehmen etabliert haben.

Verpflichtung und Verantwortung

Um den verschiedenen Anforderungen besser gerecht zu werden, stehen wir, die BFS finance GmbH, mit verschiedenen Informations- und IT-Anbietern in Kontakt. Als Teil des Bertelsmann-Konzerns und renommierter Anbieter im Finanzmarkt fühlen wir uns auch zukünftig verpflichtet, unseren Kunden bedarfsgerechte Lösungen und Finanzierungsbedingungen anzubieten, die den jeweiligen Maßstäben entsprechen.

Gleichzeitig sehen wir den sich anbahnenden Wandel in Wirtschaft und Finanzwelt als Chance, frühzeitig Verantwortung zu übernehmen und als Pionier für Nachhaltigkeit in Erscheinung zu treten. Selbst, wenn wir zum aktuellen Zeitpunkt kaum alle Fragen kennen, die langfristig von Bedeutung sein werden: Gemeinsam mit unseren Stakeholdern, Kunden und Mitarbeitern wollen und werden wir nicht um die richtigen Antworten verlegen sein!